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Durch Wandern zu Gesundheit und Wohlbefinden
Das persönliche Wohlbefinden wird nachweislich durch sportliche Aktivität gefördert, vor allem bei der Ausübung in einem Verein. Durch sportliches Engagement wird das eigene Herz-Kreislauf- sowie Immun-System gestärkt und der Körper, Geist und Seele wieder in Einklang gebracht. Dabei ist weder die gelaufene Strecke entscheidend noch die gesprungene Weite oder ob man als Sieger aus der Gruppe hervorgeht, sondern ganz alleine der Spaß an der ausgeübten Sportart.
Körperlicher Bewegungsmangel ist das heutige Gesellschaftsproblem Nummer Eins; jeder Weg wird mit dem Auto zurückgelegt, dazu kommt stundenlanges Sitzen im Büro. Die Folge kommt stehenden Fußes: Übergewicht, welches somit nicht selten ein massives Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall darstellt. Viele Menschen haben dies rechtzeitig wahrgenommen und engagieren sich daher ehrenamtlich in Sport- und Wandervereinen.
Dank diesem Engagement sind immer mehr Kinder und Jugendliche auf der Fährte des Vereinssports. In jedem Alter ist Sport unverzichtbar, da es die Gesundheit fördert und den so genannten Zivilisationskrankheiten und vor allem Übergewicht vorbeugt. Außerdem fördert sportliche Betätigung in der Gesellschaft die Gemeinsamkeit mit Gleichgesinnten und fördert somit den Spaßfaktor. Die propagierten Sportarten sind hierbei Wandern, Nordic-Walking, Schwimmen oder auch Radfahren und sogar Pop-Gymnastik und Krafttraining sind sehr beliebt. Da nicht jede Sportart für alle gleichsam geeignet ist, sollte man vor Aufnahme der Betätigung vor allem bei Übergewicht und bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, den behandelnden Arzt konsultieren. Bedeutungsvoll ist vor allem, das von vielen Krankenkassen die Teilnahme an manchen Sportkursen oder die Mitgliedschaft in einigen Sportvereinen gefördert wird; man sollte auf jeden Fall hier mal nachfragen.
Zahlreich sind aber auch die Angebote zum Thema Sinnerlebnis und Bergerfahrung, beispielsweise Erholungskurse, angeboten in Form von Wandern und Yoga. Durch die Verbindung von Bergsteigen und Yoga werden die Teilnehmer für das Tageserlebnis gestärkt und die Sinne für eine intensive Bergerfahrung geöffnet. So können die Natureindrücke nachhaltiger in den Alltag hineinwirken. In der Yoga-Tradition von Krishnamacharya spielt der Atem eine besondere Rolle. Jede Übung wird im Einklang mit dem Atem ausgeführt. So können Körper, Geist und Seele in Einklang gebracht werden. Mit Bergwandern und Yoga in intakter Natur kann man seinen Körper stärken und das Erlebte ganz gelassen in sich aufnehmen.
Auch spezielle Wanderwege werden eingerichtet, um die Sinne für die Natur zu schärfen. Wege, die durch idyllische Hecken- und Wiesenflur führen und somit den Wanderer mit jeder Menge frischer Luft, Stille und Erholung sowie vielen Geräuschen, Düften und Eindrücken begleiten. Ausgestattet sind diese Wege mit Erlebnisstationen, die spielerisch neue, unerwartete Einblicke in die Geschichte und Sinneswelt der Feldflur eröffnen sollen.
Ebenso gibt es auch Genuss-Aktionen, die alle menschlichen Sinne ansprechen wollen. Von sportlich-anspruchsvoll bis leicht-sanftes Genussprogramm soll hier auf leichte und entspannte Art und Weise das „Erlebnis Berg“ spürbar machen. Mit geschulten Führern wird hier der Wald und seine Geheimnisse den Teilnehmern näher gebracht sowie diese angeregt, seine Geheimnisse zu entdecken und neu erleben zu können. Und das alles in Form von Nordic Walking-Touren. Weitere Beispiele sind Kräuterwanderungen, Kneipp-Touren und Almwanderungen.
Viele Wanderer bezeichnen ihr Wohlgefühl mit Tagträumen, die beim Rhythmus des Laufens beginnen, beim Verschmelzen mit der Landschaft. Das Sich-Befreien von faulen Gewohnheiten, schlechten Gedanken und ungesundem Verhalten. Und das ist in diesem Zusammenhang das Ziel des Wanderns: zeitlich-räumlich weg vom Alltag, hin zu sich selbst, zumindest für diesen Augenblick. Der Fluss des Lebens verläuft sachte wieder dahin, wo er selbstverständlich fließen kann.
„Es ginge alles besser, wenn man mehr ginge“
(Johann Gottfried Seume, 1802).
Beim achtsamen Gehen und Wandern in Stille werden Schritte und Atem zu einer Einheit. So wird für die Erfahrung von Achtsamkeit und Gewahrsein der Raum frei gegeben durch das in den Hintergrund tretende diskursive Denken.
Der vietnamesische Zen-Meister Thîch Nhât Hânh sagt über das achtsame Gehen: „Gehen ist wie ein Spaziergang; wir haben dabei nicht die Absicht, einen bestimmten Ort innerhalb einer bestimmten Zeitspanne erreichen zu wollen. Zweck des Gehens ist das Gehen selbst. Entscheidend ist das Gehen, nicht das Ankommen, denn Gehen ist kein Mittel, es ist das Ziel. Jeder Schritt ist Leben; jeder Schritt ist Frieden. Das ist der Grund, warum wir nicht zu eilen haben; darum verlangsamen wir unsere Schritte.
Geh, aber geh nicht. Geh, aber lasse dich durch nichts antreiben, was immer es auch sei.“
Lang anhaltende Konzentration und äußere Aktivität bewirken auf Dauer einen Zustand innerer Leere. Die Achtsamkeit für den Augenblick dagegen bereichert die seelische Energie. Wandern und Meditieren führen auf den Weg zu sich selbst und zu innerer Bewegung.
„Das höchste Gut besteht darin, …, dass man sich also für das entscheidet, was der Natur entspricht und ablehnt, was gegen sie ist. Mit einem Wort: In engster Führung mit der Natur zu leben – darum geht es.“ (Cicero, 106-43 v. Chr.).
Einfaches Gehen und Schweigen. Einen Fuß vor den anderen setzen, mit wachen Sinnen und offenem Herzen. Hierbei den eigenen Atem und die Natur um sich herum spüren. Einfach in diesem Moment voll und ganz anwesend zu sein, im Hier und jetzt. Zu einer inneren Reise zur Achtsamkeit laden dabei alle Landschaftsformen, wie beispielsweise Berge oder Wüsten ein, durch ihre Stille, Natürlichkeit und Schönheit. In solchen Momenten können wir voll und ganz die Präsenz zur und Gegenwärtigkeit durch schweigendes Wandern durch die Achtsamkeitspraxis üben. Dies stärkt die Achtsamkeit für den Alltag und gibt Kraft für die Mitwelt. Achtsames Gehen ist wie Beten mit den Füssen. Achtsames unterwegs sein, an jedem Ort und zu jeder Zeit, ist eine Chance für die Vertiefung der eigenen Spiritualität, um sie mehr in das Leben zu integrieren. Diese Form der Achtsamkeitspraxis ist ein wichtiger Bestandteil in vielen Traditionen von Meditationen und mystischer Spiritualität.
Aber weg von der Spiritualität – Wandern als Erlebnis und Leben in der Natur ist Balsam für die Seele und längst zur vollständigen Trendsportart avanciert. Durch die stressige und anspruchsvolle Zeit des Alltags steigt der Wunsch nach Laptop- und Handy-freien Zeiten. Der Ausbruch aus dem Alltag und das Erleben der Schönheit, Vielfalt und Kraft der Natur. Zu erleben, das nur der Augenblick zählt, wenn ich am Ende einer Tour das Glück verspüre, den Gipfel erklommen zu haben. Aus diesem Grund kehrt das Wandern in das Bewusstsein der Menschheit zurück.
Alle Bevölkerungsschichten wenden sich diesem Volkssport zu. Immer mehr junge Menschen betreiben diese ehemals als spießig bezeichnete Sportart. Nach Studien des Allensbach Instituts wandern mittlerweile knapp 63 Prozent der Deutschen. Das Durchschnittsalter liegt nach Angaben der Sporthochschule Köln nicht wie vermutet jenseits der 65, sondern bei 42 Jahren. Bei den 25-39-jährigen ist Wandern beliebter als Inlinern und Radeln. Und zu den berühmtesten Wanderern zählen mittlerweile schon neben Orlando Bloom, Jennifer Garner, Brad Pitt auch Cameron Diaz und Jessica Biel.
Auf altem Menschenwissen beruht die Kenntnis der gesundheitlichen Auswirkungen des Wanderns. Und selbst wissenschaftliche Studien belegen, das Wandern in mittleren Höhen bis rund 1.000 Höhenmetern gegen Zivilisationskrankheiten hilft. Ursache hierfür ist die sauerstoffärmere Luft, wodurch der Körper mehr arbeiten muss und somit die Zahl der roten Blutkörperchen ansteigt. Hierdurch verbessert sich der Sauerstofftransport. Zudem senkt das Aufwärtsgehen die Cholesterinwerte, das Abwärtsgehen verbraucht mehr Blutzucker wie das normale Gehen. Der gesunde Schlaf wird gefördert, Heiterkeit stellt sich ein, und Rückenschmerzen werden eventuell gemildert.
Wanderstöcke sind bei Älteren, Übergewichtigen zur Prophylaxe vor oder bei Gelenk-oder Rückenbeschwerden sowie auf rutschigem Untergrund angezeigt. Jüngere Wanderer sollten, um den Gleichgewichtssinn zu trainieren sowie Muskeln und Gelenke zu stärken, auf Stöcke zeitweilig verzichten.
Ergebnisse des Max Planck-Instituts besagen, dass, wer sich im Wald oder im offenen Gelände gerade aus bewegen will, sich instinktiv nach der Sonne richtet. Und da das Gehirn des Wanderers die Bewegung der Sonne automatisch kompensiert, können Wanderer mit ihrer Hilfe geradeaus laufen, auch wenn sie am Firmament um bis zu 60 Grad wandert. Wenn sie aber von Wolken verdeckt ist, kann er aber auch schon mal im Kreis laufen.
Von Hartmut A. Schwab